Vom Feuerstein zu Firestone: Pratteln im Zeitraffer

Das Prattler Bürgerhaus ist seit knapp zwei Jahren ein komplett neu kuratiertes Museum, welches eine multimedial gestaltete Dauerausstellung zur Geschichte und Gegenwart des Ortes beherbergt.

Die ausgeprägte Industriegeschichte Prattelns und deren Präsentation in der Ausstellung ist etwas Besonderes und Aussergewöhnliches in der Welt der Ortsmuseen, die oft eher ländlichen Charakter aufweisen. Nicht ein einzelnes Objekt lässt sich da hervorheben, sondern eine ganze «Industriewand» mit Zeitzeugen wie einer alten Persil-Waschmittelschachtel, einem Firestone-Pneu oder der Fabrikordnung der Buss AG.

Das Museum im Bürgerhaus macht eine Zeitreise durch 300’000 Jahre Prattler Geschichte. Es blickt zurück in die Steinzeit, macht sich auf die Spur der Eptinger, schaut in die grossen Fabrikhallen des 20. Jahrhunderts und lässt Arbeiterinnen und Arbeiter zu Wort kommen. Das Bürgerhaus geht in die Quartiere, erzählt Migrationsgeschichten, beleuchtet das Dorfleben und thematisiert Sternstunden und Tiefschläge der Prattler Geschichte.

Der Faustkeil, mittelalterliche und römische Fundstücke, aber auch Migration, Vereinsleben und Brauchtum sind nur ein Bruchteil der bewegten Geschichte Prattelns. Der Themenschwerpunkt «Industriegeschichte» im Bürgerhaus nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Reise in eine Zeit, als noch die Maschinen den Takt angaben, Gewerkschaften entstanden und in der Fabrik unter harten Arbeitsbedingungen gekämpft wurde. Die szenografische Idee hinter der «Industriewand» ist die interaktive Vermittlung: Die Ventile, Drehräder und Knöpfe erinnern ein wenig an eine Fabrik.

Multimediale Ausstellung

Neben Fotoporträts und Betriebsinfos von ausgewählten Firmen bergen Schubladen interessante Objekte, darf am «Rad der Zeit» gedreht werden, hinter dem sich Ortsbilder im Wandel der Zeit verstecken: 1837 der Salzfund, 1897 Metallwaren der Verzinkerei, 1906 die Farben von Rohner, 1922 ein Tram nach Basel, 1934 die Firestone-Reifen, 1973 der Autobahnanschluss bis hin zum Jahr 2000 und den Wohnträumen im Grüssenareal.

Zu den Highlights gehören auch die Videobeiträge, in welchen die Prattler Bevölkerung von damals erzählt – so beispielsweise vom Ereignis des «Niedergangs der Firma Firestone». Die Dichte der Informationen im gesamten Museum ist unterhaltsam, modern und äusserst abwechslungsreich verpackt. Im Gesamtkonzept sind Raum und Licht, Multimedialität und akustische Erfahrungen mitgedacht.

Das Bürgerhaus zeigt aktuell noch bis Weihnachten die erste Wechselausstellung «500 Jahre Pratteln – ein Dorf im Wandel». Als interaktives Museum und lebendiger Begegnungs- und Veranstaltungsort bietet es ausserdem ein attraktives kulturelles und kulinarisches Programm. Sämtliche Informationen finden Sie auf www.buergerhaus-pratteln.ch.

Dieser Text erschien als Beitrag der Serie «Hingucker» in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 11.11.2021. Redaktionelle Verantwortung: Hannes Nüsseler