Eine Kirchturmuhr erzählt
Mauro Visentin, Heimatmuseum Reinach, 13. August 2021«Heute bin ich tatsächlich 148 Jahre alt. Natürlich habe ich meine Altersbeschwerden, aber es scheint, dass ich im Jahre 1873 im Schwarzbubenland von geschickter
Hand und aus gutem Material gebaut worden bin», erinnert sich die Kirchturmuhr im Heimatmuseum Reinach. «Ich war immerhin 1000 Schweizer Franken wert. Ein stolzer Betrag. Dies entsprach damals fast dem Jahresgehalt meines Pfarrherrn.» Während rund 60 Jahren gab sie pausenlos den Ton respektive die Zeit an. Immer wieder wurde an ihr herumgedoktert. Mit der Kirchenrenovation 1931 kamen auch die Elektriker ins Turmhaus. Reine Mechanik war out, die Uhr wurde «in Pension» geschickt.
Nur einige Tauben leisteten ihr im Kirchturm noch Gesellschaft. Hie und da drangen wohltuende «Sanctus»- und «Gloria»-Klänge aus der Kirche durch. Im Juni 1992 wurde die Uhr von der Museumskommission und der Zunft zu Rebmessern zerlegt und heruntergeholt. Ein Spezialist hat sie in vielen Stunden «aufgepäppelt». Jetzt zeigt sie sich wieder von ihrer besten Seite. «Die Damen und Herren vom Kirchenrat wussten, dass ich im Reinacher Museum einer guten Zukunft entgegenblicken kann.» 119 Jahre schaute sie auf Reinach hinab – «das genügt. Ich bin froh, jetzt unter den Leuten zu sein. Es hängen auch wieder drei Glocken über mir, die gemäss den Satzungen der Zunft zu Rebmessern auf die Namen ‹Geselligkeit›, ‹Kultur› und ‹Brauchtum› getauft wurden. So kann ich wieder die Viertel- und Ganzstunden schlagen lassen», freut sich die Uhr. Ausserdem steuert sie jetzt ein Zifferblatt, das bis zur Kirchenrenovation am Kirchturm die Zeit anzeigte: «Herrlich! Kommen Sie und schauen Sie mich genauer an!» Im Heimatmuseum Reinach können bei dieser Gelegenheit auch weitere Objekte besichtigt werden. Das Museum befindet sich an der Kirchgasse 9 in einem ehemaligen Wohn- und Bauernhaus und umfasst eine Ausstellungsfläche von insgesamt 2300 Quadratmetern. Neben der Präsentation der Dorfgeschichte gibt es hier auch Begegnungsräume für die Bevölkerung, der Museumssaal fasst maximal 90 Personen und kann für private oder geschäftliche Anlässe gemietet werden. Das Heimatmuseum ist grösstenteils rollstuhlgängig und mit einem Lift ausgestattet. Ausserhalb der Schulferien ist es sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt ist gratis. Weitere Auskünfte erhalten Sie telefonisch (0617114757) oder auf www.heimatmuseumreinach.ch.
Dieser Text erschien als Beitrag der Serie «Hingucker» in der Basellandschaftlichen Zeitung. Redaktionelle Verantwortung: Hannes Nüsseler